Das Forschungsgebiet ist bemüht, die höchste strukturelle und zeitliche Kontrolle und Auflösung zu erzielen, was in den letzten 15 Jahren zu einer beeindruckenden Verschiebung der experimentellen Grenzen in kleinste Dimensionen und kürzeste Zeiten geführt hat.
Dem Forschungsgebiet gemäß überdeckt die Molekulare Biophysik Skalen, die von Organismen, Einzelzellen zu Einzelmolekülen reichen. Allerdings interessiert auch auf der größten Skala die molekulare Spezifität der zugrunde liegenden Vorgänge, wie am Beispiel des noch jungen Forschungsgebiets der Optogenetik deutlich wird. In diesem Fall erlaubt die zelltypspezifische Expression von genetisch veränderten lichtsensitiven Ionenkanälen die Analyse komplexer neuronaler Netzwerke in höheren Organismen basierend auf der räumlichen und zeitlichen Kontrolle über neuronale Erregungen.
Dieses Beispiel zeigt eindrücklich den enorm integrativen Charakter der modernen Molekularen Biophysik als eine Wissenschaft: eine große Menge spektroskopischer, kristallographischer, elektrophysiologischer und molekulardynamischer Daten, die über Jahrzehnte an isolierten Ionenpumpen und photosensitiven Membranproteinen gewonnen wurde, war Voraussetzung für eine Nutzung dieser Kenntnisse in zuvor nicht absehbaren Anwendungen, die nun ein eigenständiges Forschungsgebiet repräsentieren. Es ist die uneingeschränkte Suche nach den Details biomolekularer Funktionsmechanismen, die notwendigerweise solchen Fortschritten vorausgeht, die heute Anwendung in der pharmakologischen Forschung finden.
Ausgehend von natürlichen Proteinen, die wichtige Funktionen in der biologischen Energiekonversion und zellulären Signalleitung in Bakterien und höheren Organismen übernehmen, nutzt die Molekulare Biophysik heutzutage intensiv die Methoden der Molekularbiologie, um durch die Expression gezielt veränderter Proteine die Rolle einzelner Aminosäuren zu biologischen Funktionen zu klären. Dazu kooperieren Molekularbiologen mit Biophysikern oder einzelne Labore integrieren beide Arbeitsweisen.
Die Sektion Molekulare Biophysik der DGfB umfasst Gruppen, die vorwiegend die Strukturdynamik von Proteinen bearbeiten, die bei der Organisation des Zytoskeletts, bei zellulären und intrazellulären Bewegungsvorgängen, bei der Organisation von Biomembranen, beim Stofftransport über Membranen und zellulären Signalketten wichtige Funktionen haben. Viele dieser Studien nutzen Einzelmolekülmethoden in Kombination mit FRET oder Kraftmessungen oder eine Kombination von beiden. Sofern möglich, werden Experimente mit Molekulardynamik Simulationen verbunden, um die volle raumzeitliche Beschreibung molekularer Mechanismen zu erhalten. Mit dem Einzug der DNA-origami-Technologie, also der Erzeugung nahezu beliebig geformter DNA-Nanostrukturen, hat sich ein Gebiet der Molekularen Biophysik entwickelt, das nicht primär natürliche biologische Funktionen betrifft. Statt dessen wird der ursprünglich biologische Prozess der Basenpaarung genutzt, um maximale räumliche Kontrolle über synthetische supramolekulare Assemblate zu erhalten und so die räumliche Anordung funktionaler Biomoleküle für neue Anwendungen in der Nanoelektronik oder Nanochemie zu nutzen.